Herzsprung: November 2013

Ich wache auf und starre an meine kahle weiße Zimmerdecke.
Schon wieder ein langweiliger und überflüssiger Tag meines Lebens auf dieser trostlosen und grauen Welt hatte begonnen.
Ich drehe mich auf die Seite, mit dem Gesicht zur Wand und konzentriere mich auf einen nicht existierenden Punkt an der durchgängig weißen und makellosen Wand. So lange, bis rote und gelbe Punkte vor meinem inneren Auge anfingen zu tanzen. Ich wende meinen Blick ab, sofort verschwinden die roten und gelben Punkte.
Ich sehe hinüber zum Fenster, es regnet. Mit Schwung hebe ich meine Beine aus dem Bett. Meine nackten Füße spüren die Kälte der Holzdielen. Ich gehe hinüber zum Fenster.
Die Regentropfen prasseln an meine Fensterscheibe, um sich dort ein hartes Wettrennen zu liefern. Die Straße unter mir ist nass und übersät mit Pfützen, der Himmel übersät mit dicken grauen, vom Wind getriebenen, Wolken. Eine Zeit lang beobachte ich noch die Regentropfen, dann schaue ich hinüber zum gegenüberliegenden Haus.
Meine Augen huschen an der Hauswand entlang – über die unzähligen beleuchteten aber auch dunklen Fenster.
Im Fenster ganz oben stand er, er hatte den Blick nach unten gerichtet. Er verschwand für ein paar Sekunden aus meinem Blickfeld, dann als er wieder auftauchte, setze er sich auf das breite Fensterbrett, kippte sein Fenster und zündete dann eine Zigarette, die ihm locker zwischen den Lippen lag, an. Er zog lange am Filter und als er dann den dichten Rauch ausstieß wurde er darin eingehüllt. Sein lockerer Pony viel ihm ins Gesicht, er strich ihn mit Schwung zur Seite und schaute in meine Richtung, ich hielt den Atem an, gleich würde er mich entdecken... doch er wendete gelangweilt seinen Blick ab. Er nahm noch ein langen Zug der Zigarette, ließ sie dann unausgedrückt auf die Straße unter ihm fallen. Dann verschwand er wieder aus meinem Blick Feld, einige Minuten später ging das Licht in seinem Hausflur an und ich wusste, dass er sich auf den Weg zur Schule gemacht hatte.
Auch ich wendete mich vom Fenster ab, packte in Ruhe meine Sachen und ging ebenfalls zur Schule

-Lily Röttjer